von Dominic Hiss, Kamera

Bumann, der Restauranttester

Wir treffen uns immer eine halbe Stunde vor Drehbeginn in einer Beiz in der Nähe unseres nächsten “Falls”, um die letzten Details zu besprechen. Auch wenn unser Team aus lauter alten Hasen besteht, die diese Sendung schon seit Jahren erschaffen, ist die Stimmung immer noch erwartungsvoll gespannt. Wir besprechen noch die letzten Details, unsere Erwartungen und Theorien, zum nächsten Dreh.

Ich geniesse diese ruhigen Momente vor dem Sturm, kurz bevor wir mit laufender Kamera ins nächste Restaurant stürmen und die Wirtsleute auf dem falschen Fuss erwischen. Klar, dass wir kommen wissen alle, das wäre vom Persönlichkeitsrecht gar nicht anders möglich, aber wann genau wir kommen, dass wissen sie nie.

Ich rüste meine Schulter mit einem Polster, die Kamera mit frischem Akku, einer leeren XD-Disc und einem Kameralicht aus, dass ich zwar an, aber auf die niedrigste Stufe stelle, so dass es nur als Glanz in den Augen der Gefilmten wahrgenommen wird. Kamera und Kameralicht stelle ich auf Mischlicht ein, da ich nicht weiss, ob mich drinnen Dunkelheit mit Glühbirnen oder eine sonnendurchflutete Gaststube erwartet. Ich schalte auch den Sender für den Bildfunk an, damit Sven, der grosse HSV Fan aus Deutschland, der für die Realisation der Sendungen zuständig ist, auf dem Monitor, den er tagein tagaus mit sich herumträgt, sieht was ich drehe und sich Notizen für den späteren Schnitt machen kann.

Über den Kopfhörer, der mit meiner Kamera verbunden ist, höre ich zuerst das Pfeifen des Referenzpegels, den der Mischer per Funkverbindung zu mir schickt. Kaum hat Ruedi, der erfahrenste und coolste aller Tonmeister, das Pfeifen ausgeschaltet, ertönt auch schon das “Pronto?” von Daniel Bumann in meinem Kopfhörer. Das Adrenalin macht mich wach und das ist auch dringend nötig, denn von jetzt an kann die Kamera bis die Disc voll ist, also neunzig Minuten, ohne Unterbruch laufen und das alles von meiner rechten Schulter aus.

Ich schaue zu Ruedi und Sven, beide nicken.

“Kamera läuft”

kommt über meine Lippen. Jetzt muss sich Ingrid Bumann, unsere Location Managerin, verstecken, denn sie darf leider nicht ins Bild kommen. Denn sie ist, wie Ruedi, Sven und ich eigentlich gar nicht da!

Die Kamera geschultert drehen und gehen wir zusammen Richtung Drehort. Während ich drehe, schneide ich Im Kopf vor zu den Film, muss mir überlegen, wann ich eine Schnittmöglichkeit anbiete und wann ich auf der Szene bleiben muss. Manchmal kommt eine Anmoderation von Dani, manchmal machen wir sie nach dem “Überfall” um den Überraschungsmoment nicht zu verlieren. Links und recht muss ich beim Rückwärtslaufen kucken, damit ich nicht stolpere.

Daniel öffnet die Türe des Restaurants und von da an passiert, was passiert. Etwas “Stellen” müssen wir selten, die Realität ist spannend genug. Es gibt, obwohl das viele behaupten, kein Drehbuch. Ich muss dauernd auf alles gefasst sein. Das gelingt mir nicht immer, wer kann den schon damit rechnen, dass ein EC Direkt Kästchen im hohen Bogen ins Gras fliegt, oder Dani im Manor die Bruchfestigkeit einer Schüssel testet, indem er diese auf den Boden fallen lässt.

Ich mag diese Art zu drehen. Aus dem was man kriegt, das Beste zu machen und kreativ damit zu arbeiten, macht mir viel Spass. Ich kann die Räume nicht ändern, ich kann das Licht nur bedingt formen, ich filme Gespräche da, wo sie entstehen. Nur im äussersten Notfall greife ich ein, wenn es bildlich so schlimm für mich wird, dass ich es nicht ertrage. Und wenn mir die Schulter von den zwölf Kilogramm Kamera so schmerzt, dass ich nur noch wackle.

Jeder “Bumann, der Restauranttester” Dreh

ist anders, obwohl sich die Probleme der Wirtsleute ähneln. Das macht die ganzen Geschichten so spannend. Einige rufen Bumann, weil sie sich ein wenig Gratis Werbung versprechen und das Gefühl haben, sie machen ja eh alles richtig. Oder jene, denen das Wasser schon bis zum Hals steht und für die die Hilfe schon fast zu spät kommt. Daniel will ihnen allen helfen, und das macht die Sendung so ehrlich. Und darum drehe ich “Bumann, der Restauranttester” auch so gerne.